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Erinnerung an jüdische Opfer mutwillig zerstört - 10 Stolpersteine herausgerissen und entwendet

Pressemeldung der Stadt Zeitz vom 08.10.2024

Bereits in den 90-iger Jahren entstand das Stolperstein-Projekt des Künstlers Gunter Demnig der in Erinnerung an die Deportation von Juden sowie Sinti und Roma eine Farbspur durch die Stadt zog, die den Weg der Deportierten nachzeichnete. Die Farbe verblasste und so prägte er die Schriftzüge an einigen Stellen in Messing. Dies war die Geburtsstunde der Stolpersteine, die heute in Form eines Pflastersteines auf denen eine Messingplatte eingelassen ist, an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen und aller weiteren Euthanasieopfer im Nationalsozialismus erinnern sollen, so dass die Menschen nicht aus dem Gedächtnis verschwinden, sondern lebendig gehalten werden.

In 1265 Kommunen Deutschlands und in einundzwanzig Ländern Europas wurden bereits Stolpersteine verlegt. Auch in Zeitz wird den Opfern des Nationalsozialismus mit 10 eingelassenen Stolpersteinen gedacht. Diese erinnern an Siegfried Fürst, Bertha Mendelsohn geb. Bachmann, Emma Esther Mendelsohn geb. Bachmann, Siegfried Mendelsohn, Dr. Gustav Flörsheim, Hilda Flörsheim geb. Hamburger, Ingeborg Flörsheim, Auguste Lewy geb. Hesse, Hermann Blumenthal und Lydia Blumenthal geb. Weissmann, die in Zeitz lebten und nur weil sie Juden waren, im Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden. Die Gedenksteine wurden dabei an den letzten bekannten Adressen Am Eulengrund 3, in der Kramer Straße 5/6, in der Leipziger Straße 45 und zuletzt im Jahr 2012 am Neumarkt 12 sowie am Roßmarkt 6 eingelassen. Auf den Steinen sind Namen, Lebensdaten und Sterbedatum der Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft vermerkt.

Nach bisheriger Erkenntnis wurden alle 10 Stolpersteine in der Nacht vom 6. zum 7. Oktober herausgerissen und entwendet. Neben der Initiative Stolpersteine Zeitz, erstattete auch Bürgermeisterin Kathrin Weber Strafanzeige beim Polizeirevier des Burgenlandkreises Bereich Staatsschutz.

Ich war geschockt, als ich die Nachricht erhielt. Wir als Stadt Zeitz, der gesamte Stadtrat, stellvertretend der Vorstand und die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates und auch ich als Person verurteilen diese unfassbare und unverzeihliche Tat. Vor dem Hintergrund zum Jahrestag des Überfalls der Hamas auf Israel und vor dem Hintergrund, dass hier Gedenkorte geschändet wurden, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, kann man dieses nicht einfach als Diebstahl abtun. Wenn man bedenkt, dass während des 2. Weltkrieges Millionen Menschen verfolgt und ermordet wurden und erst vor einem Jahr mehr als 1200 Menschen beim Angriff der Hamas bestialisch getötet und über 200 Menschen entführt wurden, kann man eine solche Tat nicht verstehen und muss diese als politisch motiviert und als Angriff auf unsere Demokratie betrachten,

so Bürgermeisterin Kathrin Weber.

Ähnlich äußerte sich auch der Vorsitzende des Stadtrates Zeitz, Dr. Ulf Altmann:

Ich habe mit Bestürzung von diesem neuerlichen Akt der Gewalt und Barbarei erfahren. Das Gedenken an die jüdischen Opfer eines unmenschlichen Terrors, begangen auf dem Boden unserer Heimat, begangen durch einen Unrechtsstaat, von Menschen an ihren eigenen Mitmenschen, wird böswillig missachtet und zerstört, zudem genau ein Jahr nach dem schrecklichen Terrorakt der Hamas. Egal, wer letztlich für diese Tat verantwortlich ist, der oder die Schuldigen stellen sich ganz bewusst in eine Tradition der Gewalt gegen wehrlose und unschuldige Menschen. Gewalt wird aber niemals die Lösung von Gewalt sein, sondern deren Spirale nur weiter anheizen. Neben den Ermittlungen der zuständigen Behörden sollte die schnellstmögliche Wiederherstellung der Stolpersteine dabei ein deutliches Signal aussenden. Alle Fraktionen des Stadtrates Zeitz sowie die Stadtverwaltung werden sich in dieser Frage einhellig positionieren, das ist schon jetzt erkennbar. Zeitz wird sich jeglicher Gewalt entschlossen und vereint entgegenstellen.

Auch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Zeitz sind sprachlos und wütend über das brachiale und verabscheuende Verbrechen. Anrufe und Mails erreichen die Stadtverwaltung, in denen bereits nachgefragt wird, in welcher Form geholfen werden kann, so dass die Stolpersteine neu angefertigt und an gleicher Stelle eingelassen werden können. Landrat Götz Ulrich hat deshalb kurzerhand ein Spendenkonto eingerichtet und bittet zusammen mit der Stadt Zeitz und der Initiative Stolpersteine Zeitz um spenden.

Spendenkonto

Sparkasse Burgenlandkreis
IBAN: DE18 8005 3000 1131 0704 41

Die eingehenden Spenden werden in Abstimmung mit der Stadt Zeitz und der Initiative Stolpersteine genutzt, um die Stolpersteine alsbald zu ersetzten. Nicht benötigte Spenden werden dem Simon-Rau-Zentrum in Weißenfels zur Verfügung gestellt, um die Erinnerungsarbeit an die ehemaligen jüdischen Gemeinden im Burgenlandkreis zu unterstützen.

Diese Tat ist unverzeihlich und niemals zu entschuldigen. Wer dies tut, will auch den Holocaust aus unserer Erinnerungskultur herausreißen. Das größte Menschheitsverbrechen aller Zeiten muss uns immer Mahnung bleiben, wozu Menschen fähig sind und wozu Deutsche fähig waren. Die Steine müssen sofort ersetzt werden. Hierzu werden finanzielle Mittel benötigt. Ich rufe daher auf, für neue Steine zu spenden,

äußert sich Götz Ulrich.

Die Tat macht sprachlos, soll aber nicht dazu führen, dass die Menschen verstummen und deshalb rufen die Initiative Stolpersteine Zeitz und die Stadt Zeitz am Samstag, den 19. Oktober um 10 Uhr zu einem Stadtrundgang an die Orte auf, an denen die Stolpersteine herausgebrochen wurden. Treffpunkt zum Rundgang ist der Roßmarkt.

Autor: Lars Werner, Pressesprecher, 08.10.2024 
Quelle: Stadt Zeitz