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Vorlage - IV/STR/040/0497/06  

Betreff: "Stolperstein" für Herrn Siegfried Fürst
Status:öffentlichVorlage-Art:Informationsvorlage Stadt Zeitz
Verfasser:Schulverwaltungs- und Kulturamt
Federführend:Fachbereich Soziales Zeitz   
Beratungsfolge:
Bildungsausschuss Anhörung
04.10.2006 
Sitzung des Bildungsausschusses ungeändert beschlossen   

Einführung

Einführung

Mit Schreiben vom 01.08.2006, bei der Stadt Zeitz eingegangen am 08.08.2006 wandte sich der Bürger Hans-Hermann Bernstein an den Oberbürgermeister der Stadt Zeitz mit der Bitte um Genehmigung zur Verlegung eines Stolpersteines für Herrn Siegfried Fürst.
Herr Hans-Hermann Bernstein wurde 1933 in Zeitz geboren und lebte bis 1948 in Zeitz in der Forststraße. Als Kind während des 2. Weltkrieges sah er wie ein erwachsener Mann den Satz „Dort wohnt ein Jude“ auf die Mauer malte. Seine Mutter erklärte ihm, dass damit Herr Fürst gemeint war, ein Nachbar.
Aktuelle Recherchen im Stadtarchiv Zeitz und im Landeshauptarchiv Merseburg haben ergeben, dass Herr Siegfried Fürst in den Adressbüchern unter der Anschrift Zeitz, Am Eulengrund 3 verzeichnet ist.

Der Oberbürgermeister beabsichtigt, die Genehmigung zur Verlegung eines Stolpersteins für Herrn Siegfried Fürst im Fußweg vor dem Grundstück Am Eulengrund 3, Zeitz zu erteilen.
 


Kurzdarstellung des Lebensweges des Herrn Siegfried Fürst
 

-           geboren 1889 in Hamburg als Sohn jüdischer Eltern

-           im Alter von 22 Jahren verlässt er Hamburg und lässt sich in Zeitz nieder

-           Beruf: Kaufmann / Vertreter

-           in der Literatur sehr bewandert, ausgezeichneter Rezitator, Kenntnis zahlreicher
Fremdsprachen

-           1926 verlässt er die jüdische Gemeinde und konvertiert zur römisch-katholischen Kirche

-           verheiratet mit der Zeitzerin Margarete Rolle, 1 Sohn

-           ab 1933 zunehmende Isolation, Zuflucht im Pfarrhaus von Zeitz

-           1938 am Morgen nach der Kristallnacht Verhaftung, über Halle nach Buchenwald
verschleppt

-           zwischenzeitlich beschaffte das Pfarramt ein Visum für die Ausreise nach Holland

-           am 23.12.1938 Entlassung aus dem KZ Buchenwald, Aufnahme im Pfarrhaus Zeitz

-           am 26.12.1938 Abfahrt in Richtung Rotterdam

-           nach Aussage des Pfarrers Wittelsbach war die Weiterreise vom Hafen von Antwerpen in
Richtung Südamerika für den 11.05.1940 vorgesehen; auf Grund des Überfalls der
deutschen Wehrmacht lief das Schiff nicht mehr aus

-           letzte Nachricht von Herrn Siegfried Fürst kam aus Rochefort in Belgien

-           In den Gaskammern von Auschwitz fand das Leben des konvertierten Katholiken sein
schreckliches Ende.



Projekt „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig

Seit 1995 verlegt der Künstler Gunter Demnig Steine vor Häusern, aus denen Menschen verschleppt wurden.
So wird die Erinnerung wach gehalten an die Vertreibung und Ermordung der Juden, Zigeuner, politisch Verfolgter, Homosexuellen, Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer durch die Nazis.
Die Beton-Steine mit den aufmontierten Messingplatten sind nur 10 x 10 cm groß und liegen eingebettet im Bürgersteig.
Rund 7.500 Mal hat der Künstler Gunter Demnig unter der stets gleichen Überschrift „Hier wohnte.........“ einen Namen, ein paar Daten und Orte in die glänzenden Metallplatten eingehämmert.
Wenn man die Inschrift lesen will, muss man sich beugen bzw. verbeugen. Je mehr Leute auf den „Stolperstein“ drauftreten, desto blanker wird er.
Finanziert wird das Projekt bis heute durch Spenden und Patenschaften. 95 Euro kostet ein Stein, von der ersten Idee bis zum Einlassen in den Bürgersteig.

Mittlerweile verlegt Gunter Demnig seine Steine in über 130 Städten in ganz Deutschland und auch im europäischen Ausland. Die Initiative geht dazu meist von Privatleuten aus: Es sind Angehörige von Deportierten, Schüler im Rahmen von Projektwochen und Bürger, die sich mit der Geschichte ihrer Stadt auseinandersetzen.
 


Anlage:
Auszug aus dem Stralsunder Anzeiger vom 23.08.2006